„Mit der heutigen Sondersitzung wird auch ein Sonderzeichen gesetzt“, sagte der Bürgermeister zu Beginn seiner halbstündigen Rede. „Ein Sonderzeichen, auf dem drei Dinge stehen: Haushaltsausgleich 2022, Politikverdrossenheit und die steigende Verantwortung jedes einzelnen Ratsmitglieds für die Finanzen und die Entwicklung unserer Stadt.“ Brodel warnte, dass nur noch fünf kurze Jahre blieben, den zwingend erforderlichen Haushaltsausgleich zu erreichen. Ansonsten werde der Sparkommissar mit der Streichliste regieren und die Ratsmitglieder zu gestalterischer Bedeutungslosigkeit verdammen. Dieses Ziel zu erreichen werde aber mit Sicherheit nur gemeinsam gelingen. „Denn es werden Entscheidungen zu fällen sein, die weder populär sind, noch mit denen einfach Stimmen zu gewinnen sind. Die Bürgerinnen und Bürger werden dies auch mittragen, wenn wir Ihnen erklären können, warum es notwendig ist und wenn wir ehrlich und konsequent sind.“
„BeRATungsliste“ mit Sparpotenzialen
Den Ratsmitgliedern gaben Brodel und Kämmerin Ursula Schnelle eine achtseitige „BeRATungsliste“ mit auf den Heimweg, in der eine lange Reihe von aktuellen und künftigen Ausgaben – allesamt sogenannte freiwillige Leistungen – aufgeführt sind. Das sei keine Sparliste der Verwaltung, sondern eine Liste des Rates, der über jeden einzelnen Punkt entscheiden müsse. Und dabei sei jetzt jedes einzelne Mitglied gefordert.
Parkraumbewirtschaftung brächte 100.000 Euro
Die Liste beginnt mit den 60.000 Euro für die Neugestaltung von Ratssaal und Foyer. Dann folgen Mitgliedsbeiträge und Aufwendungen für Städtepartnerschaften, zusammen weniger als 10.000 Euro im Jahr. Eine Nummer größer ist der Zuschuss fürs Stadtmarketing, 2017 immerhin noch 120.000 Euro. Im Baubereich werden der Gewässerumbau der Sorpe in Allendorf, der behindertengerechte Umbau von Gehwegen und die Instandsetzunng des öffentlichen WCs am Levi-Klein-Platz genannt, zusammen ein Aufwand von 92.000 Euro. 100.000 Euro Einnahmen pro Jahr könnte eine Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt bringen, 19.000 Euro eine vollständige Kostenerstattung für Leistungen der Technischen Dienste auch bei Vereinen und Institutionen. Bei einem Verzicht auf die freiwillige Schülerbeförderung könnte man über 70.000 Euro sparen. Für Fenstersanierungen in zwei Grundschulen stehen 166.000 Euro ins Haus, für die Erneuerung der 10-KV-Anlage am Schulzentrum weitere 77.000 Euro. Eine Anhebung der Erträge der Stadtbibliothek könnte 5000 Euro bringen, eine Neuregelung der Verträge für soziale Jugendgruppenarbeit 10.000 Euro. Bei der Sportlerehrung könnten 1800 Euro gespart werden, auch die Unterstützung für den Karnevalsumzug, Agathafeiern und Seniorentage schlagen mit vierstelligen Beträgen zu Buche. Instandsetzungs‑, Betriebskosten- und andere freiwillige Zuschüsse für Sportanlagen summieren sich auf über 110.000 Euro, die Kulturförderung liegt bei 37.000. Belastbare Zahlen für das Projekt Innenstadtentwicklung wird die Kämmerin noch nachreichen.
Schulen, Bäder und Sportplätze als „Spielräume“
Auf einer Liste „Weitere Spielräume/Ausgeglichener Haushalt“ stehen der Abbau von Schulinfrastruktur, die Verlagerung und Neukonzeptionierung der Stadtbibliothek, die Schließung des Hallenbads mit 580.000 Euro Verlustausgleich pro Jahr und des Lehrschwimmbeckens Hachen mit 60.000 Euro laufendem Aufwand, die Schließung von 50 Prozent der Sportplätze, was 75.000 Euro sparen könnte, und der Verkauf des Grundschulgebäudes in Westenfeld. Aufgeführt ist auch eine Investition von 300.000 Euro in die Umrüstung von Beleuchtung, die zu 20 Prozent Einsparung im Jahr führen würde.
Brodel beklagt Zangensituation
„Wir haben uns in der Vergangenheit viele Dinge aufgebaut, die wir uns immer schwerer leisten können“, sagte der Bürgermeister und sprach von einer Zangensituation: „Einerseits wollen wir das Bestehende bewahren, angeschafft in finanziell besseren Zeiten, andererseits müssen wir auch für die Zukunft wichtige Dinge umsetzen, sei es Breitband oder die Erhaltung einer attraktiven und zukunftsfähigen Stadt, die allerdings kaum mehr Geld hat, da wir dies größtenteils schon bei den bestehenden Projekten ausgegeben haben bzw. für deren Erhalt.“
Schnelle: „2017 definitiv ernst machen“
Kämmerin Ursula Schnelle erläuterte den Ratsmitgliedern das Zahlenwerk. Der vorliegende Haushaltsentwurf weise eine Deckungslücke von fast 3 Mio.Euro auf, fast 1 Mio. mehr als geplant, sei aber in dieser Form durchaus noch genehmigungsfähig. „Aber wir müssen definitiv ab 2017 ernst machen,“ sagte sie den Politikern und erklärte, dass es bei dem Ziel, 2022 den Haushaltsausgleich zu erreichen, besonders wichtig sei, laufende Aufwendungen zu reduzieren. Und sie erklärte auch, dass zusätzliche Erträge etwa bei den Steuereinnahmen nicht 1:1 zur Schließung der Deckungslücke zur Verfügung stehen, sondern auch für zusätzliche Aufwendungen bei den Umlagen sorgen. So wirke sich die Gewerbesteuer, die sich in Sundern mit kalkulierten 17,3 Millionen im nächsten Jahr gut entwickelt habe, auf die Steuerertragskraft der Stadt aus. Und das führe dann auch zu einem Anstieg der Kreisumlage. Die Kämmerin rechnet für nächstes Jahr mit 14,2 bis 14,3 Mio. Kreisumlage, in den letzten Jahren stand immer eine 11 vorne. Das seien bereits 22 Prozent aller Aufwendungen der Stadt. Und der Trend gehe in Richtung 25 Prozent. Angesichts steigender Personalkosten wegen der Tariferhöhungen kündigte sie an, dass auch beim Stellenplan, den sie Ende Oktober vorlegen werde, „restriktiv“ vorgegangen werde.