Arnsberg. Der Zustrom von Asylbewerbern ist auch in Arnsberg stark angestiegen. „Eine Entwicklung, die nicht nur uns völlig überrascht hat, die uns Sorgen macht und die uns zum Handeln zwingt,“ so Peter Josek, Leitder des Fachdienstes Integration und Zuwanderung bei seinem Bericht im Sozialausschuss des Rats. Die Belegung des Übergangswohnheims auf der Hammerweide sei in den letzten Monaten von 40 auf 93 Personen gestiegen und die Kapazitätsgrenze sei erreicht. „Spätstens im Januar können wir die Leute, die uns aus Schöppingen zugewiesen werden, nicht mehr unterbringen,“ so Josek. Eine Arbeitsgruppe suche bereits nach Lösungen, möglicherweise auch durch Reaktivierung ehemaliger Unterkünfte.
Bis zu vier Personen in einem Raum
Durch die Einführung der Visafreiheit für Bürger aus Serbien und Mazedonien 2010 und Bosnien-Herzegowina sowie Albanien 2011 habe man in diesen Jahren schon mit einem Anstieg der Asylbewerber gerechnet, so Josek, aber für 2013 sei ein weiterer und so dramatischer Anstieg nicht erwartet worden. So verzeichnet die Arnsberger Statistik für 2011 nur 48 Antragsteller, für 2012 schon 106 und in diesem Jahr sind bis Stichtag 15. November bereits 124 Menschen angekommen. Auch die Zahl sei schon überholt, die nächsten sechs seien bereits für kommenden Dienstag angemeldet und bis Jahresende dürften es, weil Arnsberg seine Quote erfüllen müsse, wohl über 140 sein, berichtete Josek. Deshalb müsse auf der Hammerweide „jeder Quadratmeter genutzt“ werden. In der Vergangenheit habe die Stadt das Wohnheim im Sinne des sozialen Friedens bewusst großzügig belegt, Rücksicht auf Familien und Religionen genommen, doch jetzt müssten Familien zusammenrücken, würden mit bis zu vier Personen in nur einem Raum untergebracht.
Mangel an passendem Wohnraum
Inzwischen wendet die Stadt Arnberg auch das „Leverkusener Modell“ an. „Alle, die nur den Hauch der Chance haben, im Land zu bleiben, lassen wir ausziehen,“ sagt Josek, beklagt aber zugleich, dass „die Wohnungen, die wir benötigen, im Markt nicht vorhanden“ sind. In der Stadt gebe es jede Menge Wohnraum für 6,50 Euro pro Quadratmeter, aber kaum für 4,20 Euro und bei Ein-Personen-Wohnungen werde es ganz, ganz eng. Syrer zum Beispiel würde man sofort in einer Wohnung unterzubringen versuchen, weil die derzeit sicher nicht zurückgeschickt werden. Doch Antragsteller aus den klassischen Krisenländern seien momentan nicht das Problem, so Josek. Aus Syrien sei 2013 gerade mal ein Asylbewerber gekommen, aus Afghanistan, Iran und Irak null.
Probleme mit Tschetschenen
Das stärkste Kontingent der Bewerber stellen seit drei Jahren die Serben. „Und die wissen alle, dass sie nicht hier bleiben werden,“ so Josek. Sie kommen aber immer noch in Busladungen, obwohl die früher gezahlten Rückkehrprämien gestrichen wurden und die Abwicklung der Verfahren auf sechs Wochen beschleunigt wurde. Erstmals seit Jahren gibt es in Arnsberg auch wieder 19 Asylantragsteller aus der Russischen Föderation. Es sind Tschetschenen, die, so Josek, an der wachsenden Zahl von Gewaltvorkommnissen und Polizeieinsätzen auf der Hammerweide beteiligt seien, was seine Mitarbeiter auch durch verstärkte Präsenz nicht immer verhindern könnten. Das Problem liege an der besonderen Kultur der Tschetschenen, dass ein Streit unter Männern immer so ausgetragen werde, dass es einen eindeutigen Sieger und Verlierer gebe.
Zwei Millionen Euro im Haushalt
Bis Januar werde, so Josek, eine Lösung für die Unterbringungsfrage auf dem Tisch liegen. Die werde dem Kämmerer aber nicht gefallen, weil sie Geld koste. Ohnehin sind Unterbringung und Unterhalt für die Asylbewerber eine teure Sache für die Stadt. Die gezahlten Zuschüsse liegen derzeit bei rund einer Viertelmillion Euro im Jahr, während die tatsächlichen Ausgaben, so Josek, „ein Vielfaches betragen“. Für das kommende Jahr hat Rainer Schäferhoff von der Kämmerei vorsichtshalber schon eine Aufstockung der Mittel auf 2 Mio. Euro im Haushaltsentwurf eingeplant. Ob das reicht, ist ungewiss. Möglicherweise muss der Kämmerer zunächst auch auf den im Sanierungsplan eingeplanten Verkaufserlös für das aufgegebene Wohnheim am Neheimer Schleifmühlenweg verzichten. Dort hat die Stadt aber gerade erst alle Waschbecken und andere Inneneinrichtung herausgerissen, um das Gebäude besser vermarkten zu können. Eine Reaktivierung ohne zusätzliche Investitionen wäre also nicht möglich.