Herrenberg-Urteil: Auswirkungen auf Kultur- und Bildungsangebote

Arns­berg. Der Kul­tur­som­mer Arns­berg ist in vol­lem Gan­ge. Da die­ses Jahr eini­ge kul­tu­rel­le Bil­dungs­an­ge­bo­te lei­der nicht statt­fin­den und teil­wei­se ein­ge­stellt wer­den muss­ten, möch­te die Stadt Arns­berg auf­grund viel­fa­cher Nach­fra­gen über die Grün­de informieren:

Die Stadt Arns­berg beschäf­tigt sich seit einem Jahr mit den Fol­gen eines Grund­satz­ur­teils des Bun­des­so­zi­al­ge­richts, auch bekannt gewor­den als „Her­ren­berg-Urteil“. Mitt­ler­wei­le hat auch der Städ­te- und Gemein­de­bund NRW in einem aktu­el­len Schnell­brief an alle Mit­glieds­städ­te und ‑gemein­den auf die­se Pro­ble­ma­tik hingewiesen.

Gerichtsurteil zur Beschäftigung von Honorarkräften

Das Urteil befasst sich mit der Fra­ge, ob die Beschäf­ti­gung von Hono­rar­kräf­ten – in die­sem kon­kre­ten Fall in einer Musik­schu­le – als unselb­stän­di­ges abhän­gi­ges (sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ges) Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis oder als selbst­stän­di­ge Tätig­keit bzw. „Freie Mit­ar­beit“ zu wer­ten ist. Anhand der teil­wei­se neu ange­setz­ten, aber auch neu gewich­te­ten Kri­te­ri­en, wel­che nun als Maß­stab für die Bewer­tung im All­ge­mei­nen gese­hen wer­den müs­sen, ent­schied das Gericht, dass die Arbeits­be­din­gun­gen der Hono­rar­kraft kei­nen Raum für eine selbst­stän­di­ge Tätig­keit bie­ten. Das gilt ins­be­son­de­re, weil kein unter­neh­me­ri­sches Risi­ko gese­hen wur­de. Daher sei das Arbeits­ver­hält­nis mit die­ser Hono­rar­kraft als abhän­gi­ge und damit sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäf­ti­gung zu betrach­ten. Damit voll­zieht das Bun­des­so­zi­al­ge­richt eine Kehrt­wen­de zu einer jah­re­lang prak­ti­zier­ten Son­der­recht­spre­chung für Erzieher:innen, Lehrer:innen und sons­ti­ge Dozent:innen.

Die­ses Urteil hat bun­des­weit Aus­wir­kun­gen auf die rechts­si­che­re Beschäf­ti­gung von Hono­rar­kräf­ten. Denn nach die­ser neu­en Betrach­tungs­wei­se des Bun­des­so­zi­al­ge­richts ist der über­wie­gen­de Teil, der ehe­mals als selbst­stän­di­ge Tätig­keit ein­ge­stuf­ten Ange­bo­te – aus sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­cher Per­spek­ti­ve – nun­mehr als abhän­gi­ges Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis zu beur­tei­len. Zu den Beur­tei­lungs­kri­te­ri­en zäh­len unter ande­rem, ob die Hono­rar­kraft ein wirt­schaft­li­ches Risi­ko trägt.

Alle Betrie­be, zu denen auch die Stadt Arns­berg und die Volks­hoch­schu­le Arns­berg-Sun­dern gehö­ren, wer­den in regel­mä­ßi­gen Abstän­den durch die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung über­prüft. Bei den Prü­fun­gen im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de die Ein­schät­zung abge­ge­ben, dass das bis­he­ri­ge Ange­bot in sei­ner bekann­ten Form nicht mehr auf­recht­erhal­ten wer­den kann, da sich die Vor­aus­set­zun­gen für das Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis geän­dert haben.

Ins­be­son­de­re betrof­fen sind die Kultur‑, Bil­dungs- und Sozi­al­be­rei­che, die ihre Ange­bo­te an vie­len Stel­len durch Hono­rar­tä­tig­kei­ten rea­li­sie­ren. Die Situa­ti­on ist beson­ders schwer nach­voll­zieh­bar, da sogar die Lan­des­för­der­pro­gram­me expli­zit den Abschluss von Hono­rar­ver­trä­gen vorsehen.

Betroffen: Arnsberger Kultursommer, Phantasie-Werkstatt und VHS

Die Fol­gen der Recht­spre­chung betref­fen ent­spre­chend vie­le Ange­bo­te der Stadt Arns­berg. Unter ande­rem fin­den aus die­sem Grund erst­mals die Klas­sik-Meis­ter­kur­se im Arns­ber­ger Kul­tur­som­mer nicht statt; eben­so betrof­fen sind die Kur­se in der Phan­ta­sie-Werk­statt. Auf Grund­la­ge der bekann­ten Pro­ble­ma­tik wur­den für die Ange­bo­te des Kul­tur­som­mers und der Phan­ta­sie-Werk­statt Anträ­ge auf Fest­stel­lung des Sta­tus bei der Clea­ring­stel­le der DRV bean­tragt. Bei die­sem Ver­fah­ren wer­den Ver­trags­ver­hält­nis­se vor­ab geprüft und es wird eine vor­läu­fi­ge Ein­schät­zung zum Beschäf­ti­gungs­sta­tus getrof­fen. Die­se Prüf­fäl­le wur­den sei­tens der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung als abhän­gi­ge Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se bewer­tet, sodass die Ein­bin­dung soge­nann­ter „Frei­er Mit­ar­bei­ten­den auf Hono­rar­ba­sis“ in die­sen Fäl­len nicht mehr mög­lich ist.

Eben­so kri­tisch betrach­tet wer­den müs­sen eini­ge Kurs-Ange­bo­te der Volks­hoch­schu­le. „Auch wir kön­nen nicht mehr im gewohn­ten Aus­maß mit Hono­rar­ver­trä­gen arbei­ten und müs­sen seit eini­ger Zeit jedes Ange­bot dar­auf­hin sehr sorg­fäl­tig über­prü­fen. Teil­wei­se haben wir unse­ren Dozie­ren­den auch kon­kre­te Ange­bo­te zur Über­nah­me in ein Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis gemacht“, betont Tobi­as Schul­te, Lei­ter der vhs Arnsberg-Sundern.

Erfreu­lich ist, dass der Jazz­work­shop im Kul­tur­som­mer in die­sem Jahr aus­nahms­wei­se durch fest­an­ge­stell­ten Dozie­ren­de der Musik­schu­le Dort­mund durch­ge­führt wird. Der Kul­tur­som­mer­chor ist auf­grund eines beson­de­ren ehren­amt­li­chen Enga­ge­ments ermög­licht wor­den, was auch für ande­re Ange­bo­te ein Bei­spiel sein kann. „Die­se Situa­ti­on ist für uns alles ande­re als ein­fach. Wir haben viel Zeit dar­auf ver­wen­det, gute und recht­si­che­re Lösun­gen anbie­ten zu kön­nen. Dass uns das nicht in jedem Fall gelin­gen kann, schmerzt uns, da wir lang­jäh­ri­ge ver­trau­ens­vol­le Koope­ra­tio­nen ‚auf­kün­di­gen müs­sen‘. Und genau­so kann ich die Ent­täu­schung der Men­schen, die sich auf bestimm­te Ange­bo­te gefreut haben, gut ver­ste­hen. Jedoch sind wir an die der­zeit eng gesteck­ten recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen gebun­den“, so Kirs­ten Minkel.

Die aktu­el­le Situa­ti­on bedeu­tet zusam­men­ge­fasst: Das sog. „Her­ren­berg-Urteil“ hat für vie­le Ange­bo­te in der kul­tu­rel­len Bil­dung extre­me Aus­wir­kun­gen, auch für die Stadt Arns­berg. Die regel­mä­ßi­gen Über­prü­fun­gen der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung haben an vie­len Stel­len zu der Ein­schät­zung geführt, ver­trau­te Ange­bo­te nicht mehr in ihrer bewähr­ten – und geschätz­ten – Form anbie­ten zu kön­nen. Es gilt es auch wei­ter­hin, alle Ver­trags­ge­stal­tun­gen und Arbeits­ver­hält­nis­se sorg­fäl­tig zu prü­fen und rechts­si­che­re Lösun­gen zu fin­den. Aller­dings weist der Städ­te- und Gemein­de­bund im Ergeb­nis dar­auf hin, dass es der­zeit nicht in allen Fäl­len eine rechts­si­che­re Mög­lich­keit gebe, durch ent­spre­chen­de ver­trag­li­che Gestal­tung den Kon­se­quen­zen aus dem Urteil aus dem Wege zu gehen. Auch alter­na­ti­ve Lösun­gen kön­nen nur ein­ver­nehm­lich umge­setzt wer­den: Wenn Dozent:innen kei­ne alter­na­ti­ve recht­si­che­re Lösung mit­ge­hen möch­ten, kön­nen die­se Ange­bo­te nicht mehr statt­fin­den. Dies betont auch der Städ­te- und Gemeindebund.

Die Stadt Arns­berg bit­tet um Ver­ständ­nis für die­ses Vor­ge­hen, das der­zeit aus recht­li­chen Grün­den unum­gäng­lich ist.

 

 

 

 

 

 

 

(Quel­le: Stadt Arnsberg)

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