In Interviews ist sich de Haan sicher, dass BNE – Bildung für nachhaltige Entwicklung – weiter in die Schulen Einzug halten wird. Noch sei sie aber leider nicht Alltag. Die Weinberg-AG sei daher als Vorreitermodell ausgezeichnet worden. Zukünftige Schule müsse Handlungskompetenz und Urteilskompetenz in ökologischen, sozialen und ökonomischen Bereichen vereinen und vorantreiben, meinen Nachhaltigkeitsbildner. „Das Laurentianum ist bereits auf dem richtigen Weg.“
Schülerinnen am Weinberg?
Weinberg in Arnsberg heißt Natur und Kultur lernen. Hier wird am historischen Weinberg gepflanzt und gepflegt, was die hiesige Flora zu bieten hat. Die Schülerinnen arbeiten jede Woche in ihrer Freizeit unter Leitung von Lehrerin Nina Verspohl auf dem Gelände des historischen Weinberges unterhalb der Schlossruine. Neben der Pflege und natürlich auch Lese der Reben wird auch die große Kräuterspirale bearbeitet, gilt es Wege anzulegen, Schädlinge zu bekämpfen, Bienen zu beherbergen, Gelees herzustellen…
Es gibt immer etwas zu tun!
Die AG verfolgt didaktisch das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). „Allerdings wird hier nicht die Nachhaltigkeit etikettiert, wie man es leider viel zu oft findet, sondern Nachhaltigkeit gelebt!“ so Nina Verspohl. Die Handlungs- und Gestaltungskompetenz der Schülerinnen soll grundlegend für Nachhaltigkeitsmuster sensibilisiert werden. Alle am Projekt Beteiligten überdenken ständig ihre Konsummuster mit Hilfe der Nachhaltigkeitsstrategien Suffizienz, Permanenz und Effizienz. Gelernte Handlungsmuster werden umgesetzt und im Arnsberg transparent gemacht. Natur erfährt so wertvolle neue Komponenten: Man darf mit Leidenschaft konsumieren, was eigenständig, lokal und biologisch angebaut und gepflegt wurde.
Neben Wein werden Säfte und Gelees produziert
Handeln nach Prinzipien der Nachhaltigkeit liegt dem AG-Gedanken zu Grunde: Starre Konsummuster werden gezielt überdacht – Schülerinnen und Schüler, aber auch deren Lebensumgebung, werden angehalten, den Wert von Gegenständen schätzen zu lernen. Dafür wird vor allem im Bereich Ernährung und eigener Anbau ein breites Erfahrungsmuster aufgebaut. „Wertvoll behandeln wir weiter unsere Produkte!“ so Nina Verspohl. „Säfte, Gelees und auch schlussendlich der Wein, der natürlich nicht von den Schülern konsumiert wird, werden rein biologisch und ohne Zusätze verarbeitet. All dies kann nur funktionieren, wenn wir modern und aktuell arbeiten – uns an der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler orientieren.“
Kooperation mit dem Altstadtverein
Die AG unterliegt keinem wirtschaftlichem Wachstumsgedanken, sondern strebt einen konzentrierten Erhalt eines finanziell gesicherten Status an. Die Teilnehmer erhalten so eine Idee von subsistentem Handeln. Durch ihre ökologische Ausrichtung ist die AG an sich sozial ausgerichtet. Die Interaktionen von Schülerinnen und Schülern aller Jahrgangsstufen in diesem einen Projekt entspricht dem gemeinsamen Lernen und ist somit im höchsten Maße soziales Lernen. Die Kooperation mit dem Altstadtverein erweitert dieses um den regional verankerten Gedanken.
„Begriff der Nachhaltigkeit wird heute oft missbraucht“
Zum Begriff der Nachhaltigkeit macht Nina Verspohl eine Anmerkung: „Der Begriff ist ebenso verschlissen wie wertvoll. Involviert er so viele, gewichtig zukunftsweisende Komponenten und wird er zunehmend in allen Bereichen unserer Gesellschaft wahrgenommen, so wird er leider auch missbraucht. “Green washing” nennt sich das Phänomen, dass so gut wie jede Instanz heute versucht, Begriffe wie den der Nachhaltigkeit aufzunehmen und so den Eindruck zu erwecken “mit im Boot zu sein”. Das Gegenteil ist der Fall: Der Missbrauch des Begriffes führt zu seiner Schwächung und schadet all denen, die ihn ernst nehmen.“